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Die 71. Jahrestagung der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs in Bamberg brachte neben Beschlüssen u.a. zur Weiterentwicklung der Strafprozessordnung einen bemerkenswerten Beschluss zur Digitalisierung des Zivilprozesses hervor.
So wurde der unter TOP 12: “Modernisierung des Zivilprozesses – Anpassung der ZPO an neue technische Möglichkeiten und Herausforderungen” gefasste Beschluss mit folgendem Inhalt beschlossen:
– BE S C H L U S S –
Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs stellen fest, dass es weiterer gesetzgeberischer Schritte bedarf, um neue technische Möglichkeiten im Zivilprozess sinnvoll nutzbar zu machen. Durch eine entsprechende Überarbeitung des Prozessrechts könnten Gerichtsverfahren bürgerfreundlicher, effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden. Die aus gerichtlicher Sicht dazu erforderlichen Maßnahmen sollen in den politischen Prozess eingebracht und die zukünftige Gesetzgebung mit eigenen Überlegungen der Praxis begleitet werden.
Aus diesem Grund werden die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs konkrete Vorschläge zur Anpassung der Zivilprozessordnung erarbeiten. Dabei sollen insbesondere Überlegungen angestellt werden zur Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs, zur besseren Strukturierung von Verfahren, zu neuen Formen mündlicher Verhandlungen, zur Einführung eines elektronisch geführten Verfahrens in Bagatellsachen und im Urkundenprozess, zur Reform des Beweisrechts, zum elektronischen Mahnverfahren, zur Erleichterung der Zwangsvollstreckung und zum elektronischen Sitzungsaushang im Internet.
Die Forcierung digitaler Kommunikation und Bearbeitung von Gerichtsverfahren ist weder neu noch originell. Außerordentlich ist jedoch der Umstand, dass die Forderungen von den Praktikern selbst erhoben werden, noch dazu im Rahmen des Präsidententages. Wenngleich diese Thematik in Arbeitsgruppen weiter konkretisiert werden soll, so handelt es sich hierbei um einen wichtigen Schritt, eine klaffende Diskrepanz zwischen der Nutzung von Technologien durch rechtssuchende Bürger und Rechtsanwälte einerseits und durch Gerichte und Justizverwaltung andererseits zu vermeiden, die im schlechtesten Fall dazu führt, dass gerichtlicher Rechtsschutz als ineffizient und praxisfern(er) wahrgenommen wird.
Besonders bemerkenswert ist jedoch das in der LTO erschienene Interview zur Präsidentenkonferenz mit dem Vorsitzenden der diesjährigen OLG-Präsidentenkonferenz, Clemens Lückemann. Neben erfreulich praxisgerechten Vorschlägen zur digitalen Kommunikation mit Gerichten ist insbesondere eine Antwort von Lückemann, auf die Frage, ob auch komplett elektronisch geführte Verfahren vorstellbar erscheinen, hervorzuheben:
Bei Massenverfahren, die oft gleichförmig ablaufen, etwa bei Bahn- und Flugreiseentschädigungen oder bei einfachen Mietsachen könnte ich mir ein digitalisiertes Verfahren vorstellen, in dem der Fall auch automatisiert geprüft wird. Das könnte ein niederschwelliges und preisgünstiges Angebot für Bürger sein. Wenn eine Partei mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist, muss sie aber natürlich einen Richter anrufen können. Auch in Bagatellsachen kann es immer Einzelfälle geben, die eine Software eben nicht richtig erkennt.
-Clemens Lückemann
Lückemann führt mit diesem Beispiel nicht weniger als das “gerichtliche Legal Tech” ein. Derartige Erwägungen dürften von den ressourcenverwaltenden Präsidenten sicherlich nicht nur vom ausschließlichen Bürgerinteresse geleitet sein – dies schmälert aber auch nicht den dahinterstehenden, revolutionären Gedanken.
Es bleibt deshalb mit großer Spannung abzuwarten, zu welchen konkreten Vorschlägen die Arbeitskreise gelangen werden, mit denen sich der Gesetzgeber sodann ernsthaft auseinandersetzen sollte.
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