Mit leichter Verspätung nehmen wir die von Dr. Dr. Alexander Morell in der NJW 2019, 2574 ff. dargestellten Impulse hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen RDG-Verstoß und Nichtigkeit auf, passt dieser Beitrag doch hervorragend zu der bevorstehenden höchstrichterlichen Auseinandersetzungen mit eben diesem Thema anhand des Geschäftsmodells der LexFox GmbH ,,wenigermiete.de”.
Dabei beschränkt und konzentriert sich Morell auf die Frage, ob ein etwaiger RDG-Verstoß zwangsläufig zur Nichtigkeit der Forderungsabtretung und damit zur fehlenden Aktivlegitimation führt bzw. führen muss.
Morell stellt gleich zu Beginn schulbuchmäßig die erforderliche Differenzierung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft dar. Selbst wenn das Verpflichtungsgeschäft – beispielsweise der Inkassovertrag – aufgrund eines RDG-Verstoßes gem. § 134 BGB nichtig sein mag, so ist unter Berücksichtigung der zwingenden Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft diese Nichtigkeit nicht zwangsläufig auf die Abtretung als Verfügungsgeschäft durschlagend.
Unter Berücksichtigung dieser Trennung kann die Abtretung, die lediglich einen Gläubigerwechsel bewirkt, an sich keine Rechtsdienstleistung darstellen und damit auch nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetzt verstoßen. Vielmehr verweist der Autor folgerichtig auf die ausdrücklich in § 2 Abs.1 S. 2 RDG kodifizierte Abtretung von Forderungen, die gerade Teil der Inkassodienstleistung sind.
Verlangt der Telos des RDG die Nichtigkeit der Forderungsabtretung?
Unproblematisch weil unstreitig ist, dass Dienstleister, die über keinerlei Inkassoerlaubnis verfügen, außerhalb des RDG tätig sind und das RDG als Schutzgesetz zur Nichtigkeit der Abtretung zum Schutz vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen, vor denen das Rechtsdienstleistungsgesetz gemäß § 1 RDG gerade schützen will, führt. Schwierig und für Legal Tech Unternehmen maßgeblich ist die Frage, ob eine Überschreitung der vorhandenen Inkassoerlaubnis zu einer Nichtigkeit der Forderungsabtretung führen muss. Dies ist anhand der Wertungen des RDG zu prüfen.
Argumente für eine Nichtigkeit
Wie nicht selten im Zusammenhang mit einem Verbotsgesetz gefordert, müsse zur effektiven Durchsetzung des Schutzgesetzes auch das Verfügungsgeschäft hiervon betroffen sein. Übertragen auf die Diskussion bedeute dies, den Rechtsdienstleistungsmarkt vor unqualifizierten Dienstleistern effektiv zu schützen. Damit könne im besten Fall Schaden von Rechtsberatenden durch mangelhafte Rechtsdienstleistungen abgewendet werden.
Auffassung des Autors
Morell hält diese Konsequenz jedoch weder für erforderlich noch für zwingend. Denn mit der erteilten Inkassoerlaubnis darf der Rechtsverkehr begründet davon ausgehen, dass diese Person fachlich geeignet ist, die Rechtsdienstleistung grundsätzlich zu erbringen. Zwar greift Morell die u.a. von Hartmann erhobenen, kritischen Einwände hinsichtlich der teilweise geäußerten Tatbestandswirkung der Inkassoerlaubnis auf, hält im Schluss jedoch die Nichtigkeit nicht als zwingende Folge.
Denn der Schutz des Rechtsverkehrs, insbesondere der Rechtsberatenen, wird dadurch gewahrt, dass der Inhaber der Inkassoerlaubnis seine Sachkunde zur Erteilung der Inkassoerlaubnis nachweisen musste. Es sei deshalb nicht einzusehen, weshalb sogar die Abtretung an einen fachlich geeigneten Inkassoinhaber zwingend zur Nichtigkeit führen muss. Vielmehr führt diese Nichtigkeit sogar zu einer Verschlechterung der Situation der Rechtsberatenden und widerspricht damit dem Telos des RDG. Denn im Falle einer unwirksamen Abtretung und einer fehlenden Aktivlegitimation tritt keine Verjährungshemmung mit Klageerhebung ein. Die abgetretenden Ansprüche wären damit verjährt, der Rechtssuchende würde den größtmöglichen Schaden gerade durch die zum Schutz der Rechtsberatenen vorgesehene Nichtigkeit der Abtretung erleiden.
Schutz des Rechtsverkehrs
Auch der Rechtsmarkt würde durch eine solche Nichtigkeitsfolge weder geschützt noch bereinigt werden können, da die Überschreitung einer vorhandenen Inkassoerlaubnis für den Rechtsverkehr regelmäßig nicht ersichtlich ist – wie die Diskussionen in Rechtsprechung und Schrifttum eindrucksvoll zeigen.
Eigene Stellungnahme
Die von Morell dargestellte Argumentation, dass eine Nichtigkeit der Abtretung nicht nur nicht erforderlich sondern dem Telos des RDG sogar zuwider läuft, überzeugt. Denn diese Folge könnte dazu führen, dass Rechtssuchende faktisch keine Forderung mehr, wie vom RDG für Inkassodienstleistungen ausdrücklich vorgesehen, abtreten, aus Angst vor einer nichtigen Abtretung die zur Verjährung des Anspruchs führen könnte. Damit ist den Rechtssuchenden, die das RDG schützten soll, jedoch noch weniger geholfen als durch eine etwaige, unqualifizierte Rechtsdienstleistung in einem Teilbereich durch einen grundsätzlich geeigneten, die eigene Sachkunde nachgewiesenen Inkassodienstleister. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der Rechtsverkehr unter einer solchen Überschreitung im Hinblick auf die Abtretung der Forderung geschützt werden müsste.
Ob sich der Bundesgerichtshof in dieser Frage dem anschließen wird, bleibt abzuwarten. Wir werden am 16.10.2019 die Verhandlung beobachten und unmittelbar im Anschluss daran ausführlich berichten.
Der Autor, Tim Platner, ist Geschäftsführer der Legal Data Technology GmbH.